Erst hatte der Nationalspieler Bedenken gegen Corona-Impfungen geäußert, später infizierte er sich. Nun hat bei Kimmich nach eigener Aussage ein Umdenken stattgefunden.
Quelle: ZEIT ONLINE, AFP, dpa, ale, sc
Nach einer Infektion mit dem Coronavirus und einer dadurch bedingten Spielpause will sich Fußballprofi Joshua Kimmich impfen lassen. In einem Interview für die ZDF-Sendung Sportstudio Reportage bedauerte er, dies nicht schon vor der Infektion gemacht zu haben. "Generell war es für mich einfach schwierig, mit meinen Ängsten und Bedenken umzugehen, deshalb war ich auch so lange unentschlossen", sagte der Spieler des FC Bayern München.
Wann Kimmich sich impfenlässt, ist noch offen. Er habe sogar schon einen Impftermin gehabt, sagte er dem ZDF:"Leider kam mir dann die Erkrankung zuvor." Nun wird er demnächst erst einmal den Genesenenstatus haben: "DieserStatus dauert dann eine gewisse Zeit lang an und wenn es dann empfohlen wirdund der Zeitpunkt da ist, werde ich mich impfen lassen."
Kimmich hatte Ende Oktober in einem Interview Berichte bestätigt, denen zufolge er sich nicht habe impfen lassen. Er äußerte Bedenken, "was fehlende Langzeitstudien angeht", und wurde anschließend aus verschiedenen Richtungen deutlich kritisiert. Die Debatten um ihn betrafen auch die Vorbildfunktion von Personen des öffentlichen Lebens und den generellen Umgang mit Menschen, die Befürchtungen in Bezug auf die Impfung haben.
Im November musste Kimmich aufgrund eines positiven Corona-Tests bei seinem geimpften Mitspieler Niklas Süle in Quarantäne. Kurz nach ihrem Ende wurde er nach einem Corona-Verdachtsfall im privaten Umfeld selbst positiv getestet. Anfang Dezember gab Kimmich in einer Vereinsmeldung bekannt, dass er "aufgrund von leichten Infiltrationen in der Lunge aktuell noch nicht voll trainieren" könne. Erst im nächsten Jahr werde er wieder spielen können. Trainer Julian Nagelsmann teilte mit, er befürchte keine Langzeitfolgen.
Forschungsministerin lobt Entschluss zur Impfung
Die Diskussionen um Kimmichs Äußerungen hatten im Herbst sogar die Ebene der damaligen Bundesregierung erreicht. Regierungssprecher Steffen Seibert verwies auf "klare und überzeugende Antworten von nationalen und internationalen Experten". Der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission, Thomas Mertens, rief in der Debatte dazu auf, Impfskeptiker und Menschen mit Bedenken zu überzeugen, anstatt sie unter Druck zu setzen.
Warum denken Sie das? - Zwei Menschen, zwei Meinungen – und der Versuch, einander zu verstehen: Der Impfstreit: "Ich vertraue meinem Immunsystem mehr"
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Im Gespräch geht es schnell um große Themen: um Vertrauen und Misstrauen in Institutionen, Politik und Wissenschaft, und um soziale Gerechtigkeit. Beide Frauen stoßen aber auch auf Gemeinsamkeiten.
Kimmichs jüngste Entscheidung für eine Impfung wird von der neuen Bundesregierung positiv bewertet. Forschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) lobte den Entschluss auf Twitter: "Es ist eine gute Entscheidung. Als Fußballprofi und Nationalspieler ist er für viele Menschen Vorbild." Mehr Impfungen seien der Weg aus der Pandemie.
Schlechtes Gewissen und Gehaltskürzung
Eine Vorbildfunktion streitet der Fußballer im ZDF-Interview hingegen ab: "Generell glaube ich nicht, dass es meine Aufgabe ist, die Menschen vom Impfen zu überzeugen." In der Debatte um seinen Impfstatus seien Grenzen überschritten worden, "wo manche aufgesprungen sind auf diesen Zug, um sich da zu profilieren, um die ganze Diskussion für sich selbst zu nutzen und das verurteile ich absolut."
Es sei "eine sehr, sehr schwierige Zeit für mich" gewesen, sagte Kimmich, derseit über einem Monat nicht mehr spielen konnte. "Das schlechte Gewissenist auf jeden Fall da. Also in erster Linie natürlich meiner Familie gegenüber,die sich viel anhören mussten, aber natürlich auch meinen Mitspielerngegenüber."
Für die Kürzungseines Gehalts durch den FC Bayern wegen seines Ausfalls infolge seinerCorona-Quarantänen äußerte Kimmich Verständnis: "Absolut kann ich das nachvollziehen.In der Thematik gibt es keine zwei Meinungen. Das war das gute Recht des Vereins,davon haben sie Gebrauch gemacht, und deswegen hat man das auch zu akzeptieren."
Mitte November warbekannt geworden, dass Kimmich wie andere Bayern-Profis rückwirkend für dieQuarantänezeit kein Gehalt bekommen haben soll. Auf Beschluss der Gesundheitsministergibt es für Verdienstausfälle, die wegen einer angeordneten Quarantäneentstehen, für die meisten ungeimpften Arbeitnehmer seit 1. November keine staatlicheEntschädigung mehr.